Danke Thomas Finn, danke Bastei Lübbe.
Rezi folgt bald… Stay tuned

Danke Thomas Finn, danke Bastei Lübbe.
Rezi folgt bald… Stay tuned
Ich saß wie immer in meinem Büro, als es geschah. Ich trank billigen Whiskey und rauchte billige Zigaretten. Gedankenverloren starrte ich in den Regen, der die Stadt zu ertränken schien. Einen Klienten hatte ich schon ewig nicht mehr gesehen und ich überlegte mir, wo ich das Geld für mein beschissenes Leben herbekommen sollte. Der letzte Auftrag war schon ein Stück her und die Klientin war nicht eben reich gewesen. Ein paar nette Blicke und ein tiefer Ausschnitt hatten gereicht, dass ich ihr für ein Trinkgeld half, ihrem Mann beim Fremdgehen auffliegen zu lassen. Egal. Ich musste nach vorne schauen, auch wenn dort vermutlich genauso viel Scheiße liegen würde, wie hinter mir.
Plötzlich sprang die Bürotür auf und ich sah die vermutlich längsten Beine, die es auf der Welt gibt. Diese steckten in Nylons und der dazugehörige Körper brachte mein Blut in Wallung. Sie trug ein schwarzes Kostüm, das ihre schlanke Figur und die wundervollen Brüste eng umschlung. Ihre blonden Haare fielen glatt auf ihre Schultern und umrahmten ein unverschämt hübsches Gesicht. Blaue Augen sahen mich eiskalt an. Ich wusste direkt, dass diese Frau Ärger bedeuten würde. Sie kam mit anmutigen Schritten zu mir und knallte ein Buch auf den Tisch. Sie sagte nichts, rein gar nichts. Danach zeigte sie mir ihre hübsche Kehrseite, als sie mein Büro direkt wieder verließ.
Vollkommen verdattert lief ich ihr hinterher, konnte aber nirgends eine Spur von ihr ausmachen. Also ging ich wieder zurück in mein Büro, goss mir noch ein Glas billigen Whiskey ein und zündete mir eine weitere billige Kippe an. Dann nahm ich das Buch in Augenschein. Es handelte sich um einen Roman namens “PFUHL”, den eine gewisse Germaine Paulus geschrieben hatte. Ungewöhnlicher Name, dachte ich bei mir und stieß auf den Verlag des Buches. THE DANDY IS DEAD. Ungewöhnlicher Name, dachte ich wieder und suchte den Verlag in den tiefen des Internets. Ich fand ihn recht schnell und auch das Buch, welches ich unerwartet geschenkt bekam, war auf der homepage zu finden. Ein Pulp Roman mit Morden also, hört sich doch gut an. Außerdem fand sich auf der homepage sogar der Soundtrack zum Buch. Da ich eh nichts besseres zu tun hatte, ließ ich den ersten Track laufen und widmete mich dem Lesen.
“PFUHL” war wirklich ein Pulp Roman, da hatte die homepage von THE DANDY IS DEAD nicht gelogen. Ich las eine Menge über Morde, Sex, Drogen, grausame Menschen, kaputte Menschen, Morde und Sex. Der Bodycount in dem Buch war bemerkenswert, ebenso der Bodycontact, den die Protagonisten hatten. Schon heftig, wie viel auf rund 300 Seiten getötet und gefickt werden kann, dachte ich grinsend bei mir. Das Buch war geradlinig, witzig und spannend geschrieben, so dass ich es an einem Abend durch hatte. Die Story erinnerte mich an eine Tatort Folge, die von Quentin Tarantino geschrieben wurde. Auch die zwei Hauptfiguren konnte ich mir gut in solch einer Tatort Folge vorstellen. In Gerd Wegmann sah ich mich direkt selbst. Immer gerade aus und gerade heraus. Öfter mal einen sitzen und ständig den harten Kerl spielend. Sein jüngerer Kollege Tim Taubring hingegen versuchte, im Leben anzukommen. Frau, Kind, vielleicht mal mit Rauchen aufhören (an der Stelle zündete ich mir eine weitere Fluppe an), jung und gutaussehend. Die beiden Polizeibeamten gerieten an diverse Mordfälle, die ideenreich und blutig beschrieben waren. Im Institut standen ihnen ein arroganter Penner von Pathologe, eine verdammt gutaussehende Pathologin und ein kräftiger Psychologe, mit dem Herz am rechten Fleck, zur Seite. So kämpften sich die beiden durch üble Mordfälle, privaten Scheiß und den ein oder anderen Kater. Dabei entwickelten alle Charaktere eine bemerkenswerte Tiefe.
Ich fand es sehr gut geschrieben (man beachte auch, dass es vor 16 Jahren fertig gestellt wurde, also ein jüngeres Werk der Autorin) und sehr lesenswert. Einziges Manko waren für mich die häufigen Perspektivenwechsel, die etwas gestört haben. Ansonsten ein solides Buch, das mir verdammt gut gefallen und mich kurz von meinem Scheiß Leben abgelenkt hatte. Außerdem nahm ich mir fest vor, Sätze wie: “Sie riechen nach Nutte”, oder “Das ist alles so verdammt pathetisch, dass ich Sodbrennen bekomme”, fest in mein verbales Repertoire aufzunehmen.
Auf der letzten Seite stand von Hand geschrieben: wir sehen uns im UNTERDECK. Darunter ein Kussmund aus Lippenstift. Dann werde ich mir dieses UNTERDECK wohl mal ansehen. Muss mir ja die Zeit vertreiben, wenn ich schon keine Kunden habe.
Vielen lieben Dank für das Buch, liebe Germaine. Ich habe es genossen. Gerd und Tim habe ich ins Herz geschlossen und hoffe noch mehr von ihnen zu lesen. Außerdem hoffe ich, dass bald jemand ein Akt-Bild von Rebecca malt 🙂
Stay tuned
Liebe Freunde des gepflegten Krötentums,
wir haben lange nichts mehr von uns hören lassen und das tut uns sehr leid. Dennoch bekommen wir täglich viele Klicks von unserer Krötmunity, was uns natürlich sehr freut. Nachdem wir also die Frühjahrsmüdigkeit überwunden haben, geht es weiter mit der beliebten Fragerunde. In dieser grandiosen Reihe hatten wir schon Markus Heitz, Sebastian Fitzek und Christian von Aster. Alle haben ihr Bestes gegeben, absolut sinnfreie Fragen zu beantworten und es war uns ein Fest.
Heute wird uns eine Frau beehren, die wir alle kennen. Sie war in jungen Jahren als Lucilectric, mit ihrem Hit „Mädchen“ bekannt geworden. Aus dem Mädchen ist jedoch eine wundervolle, sympathische, nette, empathische und sehr hübsche Frau geworden – die leider vergeben ist 😉
Für alle, die jetzt immer noch nicht wissen, um wen es geht, wir reden hier natürlich von Luci van Org (und ihr seid auf dem falschen Blog, LOL). Luci arbeitet als Schriftstellerin (ein Werk von ihr durfte ich sogar rezensieren: „Die Geschichten von Yggdrasil“), Drehbuchautorin, Schauspielerin, Musikerin und vielem mehr. Sie widmet sich der Kunst von ganzem Herzen, was man auch merkt. Wer mal hören möchte was sie so singt, dem lege ich ihre Bands Meystersinger und Üebermutter ans Herz. Letztere sind für mich persönlich die „weiblichen Rammstein“.
Und neben all dem ist sie auch Vollblut Schirmherrin des Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland e.V., was ich persönlich sehr bewundere. Genug der Vorworte! Kommen wir nun zu den 7 dämlichen Fragen:
- Wenn der Terminator gegen Robocop kämpfen würde, wer würde gewinnen?
Alle Terminator über einen Kamm scheren? Was für ein Frevel! Aber Robocop ist ein Looser. In jedem Fall! (Ist er nicht. Anm. der Red.)
- Warum öffnet man bei Arzneipackungen immer die Seite, auf der sich die dämliche Packungsbeilage befindet?
Weil extra geschulte Packungswichtel sie genau so hineinlegen, dass sie grundsätzlich immer beide Seiten bedeckt.
- Warum wird das Wort „tatsächlich“ momentan von jedermann inflationär benutzt?
Weil eine Tat doch etwas sehr Schönes ist – und „sächlich“ eines der wenigen ganz sicher gendergerechten Wörter. Kann man sich momentan tatsächlich doch mal ganz inflationär drüber freuen. Hurra!
- Warum sind Titten geil?
Na, wegen der Affen! Was für ne Frage?
- Warum ist die Banane krumm?
Isse doch gar nicht. Nur sehr sanft und formschön gebogen.
- Warum hat man das Gefühl, dass ein großer deutscher Telefondienstanbieter absolut nichts auf die Reihe bekommt?
Nur einer? Alle!
- Wie erklärst Du Dir den Mega Hype um „Döner Cola“
Zeit ist Geld. Döner Cola geht schnell, enthält alles, was zu einer ausgewogenen Mahlzeit dazugehört und in der geschredderten Form bleibt nicht mal mehr was zwischen den Zähnen hängen.
Vielen lieben Dank an Dich Luci. Es war mir eine Ehre und hat meinen Lachmuskeln viel Arbeit bereitet!!!!
Stay tuned
Hey Leute,
da GELB echt gut ankommt, gibt es heute Nachschlag. Kapitel 5 bis 7.
Viel Spaß damit und Stay tuned
KAPITEL 5: DER HEIMWEG
Bundesrepublik Deutschland
Saarland
Frühling 1998
Wir verabschieden uns von dem Rest der Mannschaft, die noch vor Ort ist. Gerne würde ich noch mit Sandra reden, aber Melanie (ihre beste Freundin) erzählt mir, dass Sandra direkt nach dem Spanner-Ansturm (wie sie es nannte) nach Hause sei.
Achim (unermüdlich im Auftreiben von Alkohol) schaff es tatsächlich, uns noch Weg-Biere zu besorgen. Eine Kunst, für die wir ihm sehr dankbar sind.
Also begeben wir uns auf den müh- und alkoholseeligen Weg zu selbigem. Wir gehen unter sternenklarem Himmel und nehmen die vielfältigen Gegebenheiten einer angehenden Sommernacht nicht wirklich wahr. Grillen zirpen ohne unsere Kenntnis, Glühwürmchen sind im Paarungsmodus, die Nachtigall singt ihr Abendlied. Alles ohne uns.
Ich bin in ein Gespräch mit Julius vertieft (gewinnt Terminator gegen Robocop), als ich aufschrecke. Etwas ist vor mir und an dem angsterfüllten Blick von Julius sehe ich, dass er es auch sieht. Etwas gelbes schält sich durch die Dunkelheit. Etwas unangenehm gelbes. Etwas sehr dominantes und bedrohliches. Ich kann es nicht direkt zuordnen, da es mich blendet, obwohl ich nicht sonderlich hell angestrahlt werde. Und auf einmal ist es nicht mehr da. “Was war das”, frage ich Julius, der genauso ungläubig ausschaut, wie ich mich fühle. Ich merke, dass er darum ringt, weiter zu reden. Schließlich sagt er: “Alter, war das Kasim?”. Ich nicke nur stumm und wir gehen weiter. “Vorhin war er auch schon da”, nehme ich das Gespräch wieder auf. “Als du so merkwürdig drauf warst?”, fragt er mich. “Genau”, kommt meine Antwort. “Wie kann das sein”, fragt Julius mich, “ich meine, er ist halt”, “tot”, beende ich den Satz. Wir beschließen stumm, die anderen zu fragen, was sie sahen. Alle erzählen, dass sie etwas merkwürdiges gesehen haben, aber keiner kann es benennen. Mein Bruder kommt noch am nächsten daran als er meint, “das sah aus, wie ein gelbäugiger Türke”.
Nachdem nicht viele die selbe “Eingebung” wie wir haben, beschließen Julius und ich, nichts mehr darüber zu sagen. So gehen wir unseren Weg still weiter.
“Scheiße” dröhnt es auf einmal an unsere Ohren. Alarmiert schauen wir auf, nur um dann zu vernehmen, dass Achim und Ralf kein Bier mehr haben. Nicht sonderlich enttäuscht von dieser Botschaft, setzen wir unseren Weg fort.
Wir beide (denke ich) versuchen uns abzulenken, indem wir uns wieder der “Robocop gegen Terminator” Sache widmen. “Alter”, beginne ich, “Robocop ist einfach der Hammer. Es gibt nur einen und der schlägt jedem verdammten Terminator in die Flucht”. “Niemals”, kontert Julius. “Der Terminator kann durch die Zeit reisen und Robocop auf jeder beliebigen Zeitebene zerstören”. “Nein”, kommt es von mir. “Wenn dem so wäre, würde es, wenn überhaupt, nur einen Teil von Terminator geben”. “Wie?” fragt Julius. “Ganz einfach”, beginne ich, “wenn der Terminator genau dann da sein kann, wo er sein will, dann verhindert er alle Angriffe gegen ihn.” “Das ist doch absoluter Unsinn”, erwidert Julius, “ich mein, er…
Gleißend helles, gelbes Licht strömt direkt in meine Augen. Es tut so weh, als würde mir jemand tausend Nadeln in die Augen stechen. Der Schmerz hört nicht auf, sondern wird noch viel schlimmer und intensiver. Ein Gedanke entwickelt sich in meinem Kopf, doch ich kann ihn vor Schmerzen kaum greifen. Ich denke mir, dass sich so ähnlich eine Frau fühlen muss, die gerade ein Kind bekommt, als der Schmerz abrupt abbricht. Ich weiß nicht mehr ein noch aus. Was war das gerade? Wieder Kasim? Aber warum? Was soll das alles? Fragen über Fragen. Ich versuche, einen kühlen Kopf zu bewahren und sehe mich um. Meinen Leuten scheint es ähnlich gegangen zu sein wie mir, denn sie schauen alle sehr verängstigt drein.
“Was war das”, schreit Achim, der schlagartig wieder nüchtern zu sein scheint. Julius, Ralf und mein Bruder schauen ihn nur mit vor Angst geweiteten Augen an. Sie haben, genau wie ich, keine Ahnung, was das war.
“Was habt ihr gesehen”, frage ich in die Menge. “Gelbes Licht und Schmerzen”, antwortet mein Bruder. Die anderen nicken. Also hatten wir diesmal alle dieselbe Wahrnehmung. “Was soll das alles?”, beginnt Ralf leise zu sagen. “Wir haben doch niemandem etwas getan. Warum passiert uns das hier? Wir wollten doch nur eine schöne Zeit haben und jetzt das. Dieser Mist”, schließt er und lässt sich gegen einen Baumstamm fallen. Er ist fix und fertig. Genau wie wir anderen auch. Wir haben Angst und sind verunsichert. Gar keine schöne Kombination. Nach kurzem Durchatmen beschließen wir, weiter zu gehen und uns in die vermeintliche Sicherheit von Achims Wohnung zu flüchten.
Wortlos treten wir den Rest des Weges an, der glücklicherweise ohne Zwischenfälle daherkommt.
KAPITEL 6: DER ÜBERGANG
Bundesrepublik Deutschland
Saarland
Frühling 1998
Wir sind alle erleichtert, als wir bei Achim ankommen. “Setzt ihr euch schon mal hin, ich hole uns etwas zu trinken”, meint er. Gute Idee. Wir begeben uns auf die Couch und warten stumm, bis Achim wieder kommt. Nach ca. 5 Minuten erscheint er, mit einer schönen Flasche in den Händen, in der eine bräunliche Flüssigkeit schimmert. “Don Papa Rum”, meint Achim kurz angebunden. “Eigentlich wollte ich ihn für eine besondere Gelegenheit aufheben, aber ich denke, dass hier ist auch irgendwie eine besondere Gelegenheit”, fährt Achim fort. Er stellt die Flasche auf den Tisch, geht zum Schrank und nimmt 5 schön geschwungene Rumgläser hervor. Danach öffnet er die Flasche und schenkt jedem von uns ein Glas aus. Ich rieche an dem Rum und Vanille, sowie Honigaroma offenbart sich mir. Ein schöner Gedanke, nun endlich in Sicherheit zu sein und hochwertigen Rum zu genießen. Hoffentlich bleibt es auch so, denke ich bei mir. “Prost, auf die Farbe Gelb”, sagt Achim und hebt sein Glas. Ich finde, dass dies ein reichlich makaberer Trinkspruch ist, stimme aber dennoch ein. Die anderen wiederholen den Spruch auch und so trinken wir. Der Alkohol rinnt warm, süß und angenehm meine Kehle hinab. Ich habe das Gefühl, dass er meinen ganzen Körper erwärmt und auch ein Stück meiner Sorgen wegspült. Wie Kaffee mit Zauberwirkung. Den anderen geht es ähnlich, wie ich an ihren Gesichtern erkennen kann.
“In was sind wir da reingeraten”, fragt mein Bruder etwas mürrisch. Wir sehen uns alle fragend an, bis Ralf antwortet: “Ich habe absolut keine Ahnung. So etwas habe ich noch nie erlebt. Es erscheint so unwirklich und ich kann es nicht zuordnen”. “Mir geht es genauso”, ergreift Julius das Wort, “was war das? Wie kann so etwas sein? Und warum geschieht es gerade uns. Ich meine, haben wir irgendwem oder”, er stockt kurz, “irgendetwas auf die Füße getreten? Ich jedenfalls kann mich nicht daran erinnern”. Achim, sieht ihn verwirrt an und fragt schließlich: “was meinst Du mit irgendetwas”? “Nun ja”, fährt Julius fort, “das war ja wohl kaum irgendein Wetterphänomen oder so. Kein Wetterphänomen tut so weh, es sei denn, du wirst von einem verdammten Blitz getroffen. Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir von einem verdammten Blitz getroffen wurden”. “Schon klar”, meint Achim, “aber das heißt noch lange nicht, dass es etwas Übernatürliches war”.
“DOCH”, dröhnt eine dunkle Stimme aus dem Fernseher, der eigentlich ausgeschaltet ist. Alle Köpfe rucken Richtung des TV-Gerätes. Wir sehen einen schwarzen Bildschirm, in dem ein gelbes etwas schimmert, wie eine gelbe Rauchwolke auf schwarzem Himmel. Das Gelb erinnert mich schmerzhaft an die Geschehnisse im Wald. Keiner von uns ist imstande den Kopf vom Gerät abzuwenden, geschweige denn etwas zu sagen. Wir starren gebannt und warten, was als nächstes kommt. “Das was gerade mit Euch geschieht, ist etwas, was ihr Menschen als Übernatürlich bezeichnen würdet”, fährt die unangenehme, dunkle Stimme fort. “Die nächsten Jahre werden für Euch schnell vergangen sein. Aufgaben gilt es zu erfüllen. Einige oder alle von euch werden sterben. Und wir werden unseren Spaß dabei haben”. Die Stimme verstummt und es herrscht eine unangenehme Spannung im Raum und eine Stille, die so unnatürlich ist, wie die Stimme zuvor. Keiner sagt etwas, von uns ist noch niemand zum Reden fähig und die Stimme scheint alles gesagt zu haben, was es in diesem Fall zu sagen gibt. Meine Gedanken überschlagen sich. Warum werden die Jahre schnell vergehen… Welche Aufgaben werden wir erfüllen müssen? Und sterben werden einige oder alle. Das macht mir eine unsagbare Angst. Es ist so surreal. Eben noch hatten wir einen schönen Abend auf einer Feier. Alles war normal. Und nun das? Mir wird schwindelig und etwas übel. Wir hängen alle unseren Gedanken nach, bis ich mich schließlich zu Wort melde. “Scheiße”, sage ich, “verdammte Scheiße. Was machen wir jetzt”? Es kommt keine Antwort. Keiner kann mit der Situation umgehen. Kein Wunder, denn wer hat so etwas schon mal erlebt. “Wir werden alle sterben”, schreit Ralf. Dann springt er auf und rennt aus dem Raum. Wir laufen ihm nach, bis er vor der Tür stehen bleibt, “ich will nicht sterben” schreit, und dann zusammenbricht. Achim ist direkt über ihm und versucht, ihn wieder aus der Ohnmacht zu reißen. Nach einigen Ohrfeigen und zureden kommt Ralf wieder zu sich. “Geht es wieder”?, fragt Julius. “Ja”, kommt die knappe Antwort. Ich für meinen Teil habe genug von diesem Tag. Ich beschließe, mich soweit zu betrinken, dass ich halbwegs einschlafen kann und dann zu Bett zu gehen. Ich teile den anderen meinen Vorschlag mit und sie tun es mir gleich. Wortlos trinken wir Glas für Glas an Rum und Flasche für Flasche an Bier. Ansonsten ist es still im Zimmer. Keiner möchte etwas sagen. Jeder ist in seinen eigenen Gedanken gefangen.
Schließlich macht sich der Alkohol soweit bemerkbar, dass ich den anderen mitteile, mich nun ins Bett zu begeben. Ich gehe ins Gästeschlafzimmer von Achim, ziehe mich aus und lege mich ins Bett. Ich schlafe ein, bevor mein Kopf das Kissen berührt.
Auf einmal befinde ich mich auf einer schwarzen Steinplatte. Ich sehe nichts. Es fühlt sich komisch an, anders als sonst. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll oder woran es liegt. Die Luft ist irgendwie falsch. Genau wie die ganze Atmosphäre dort, wo auch immer ich bin. Ich vermute, dass es sich um einen Traum handelt und beschließe, erst einmal nichts zu tun. “DEINE CHANCE IST SIEBEN” donnert eine Stimme in meinem Kopf. “SIEBEN”.
KAPITEL 7: DER GELBE JAHRMARKT
???
???
???
Ich erwache. Ich habe starke Kopfschmerzen und meine Liegeposition ist äußerst ungemütlich. Als ich meine Augen öffne sehe ich nur Schwärze. Sonst nichts. Undurchdringliche Schwärze. Diese untermalt von dem schmerzenden Pochen in meinem Kopf. Wo bin ich hier? Anscheinend liege ich auf einem Steinboden, soweit ich das fühlen kann. Kein gemütliches Bett, kein kuscheliges Kissen und keine warme Decke. Was ist passiert? Wie komme ich hierher? Ich beschließe, mir meine “Behausung” etwas näher anzusehen, anzufühlen.
Ich versuche auf zu stehen und merke, dass ich noch sehr wackelig auf den Beinen bin. Also lasse ich mich wieder in eine sitzende Position nieder. Ich versuche zu überlegen, was als letztes passiert ist. Langsam kommen die Erinnerungen an das Fest zurück. Und die Erinnerungen an Kasim und die Geschehnisse im Wald, sowie bei Achim. Und mein Traum von letzter Nacht. Sieben ist meine Chance… Was soll das? Ich beschließe, noch eine Weile sitzen zu bleiben und mich zu regenerieren. Fünf Minuten oder auch zehn, ich weiß es nicht genau, sitze ich nur still da und konzentriere mich auf meine Atmung, um ruhig zu werden. Dann versuche ich einen zweiten Anlauf und stehe auf. Diesmal funktioniert es. Ich bin zwar immer noch nicht vollkommen sicher auf den Beinen, aber ich kann stehen bleiben und sogar gehen.
Es ist immer noch stockfinster und mein Kopf schmerzt. Ich gehe also langsam nach vorne und halte meine Hände tastend vor mich. Ich wundere mich darüber, wie groß dieser Raum oder diese Fläche ist. Ich kann eine ganze Weile gehen, ohne wieder etwas zu stoßen und zum Glück auch, ohne über etwas zu stolpern. Nach einer Zeit berührt meine Hand eine Mauer aus groben Backsteinen, wie ich vermute. Ich taste mich an diesen entlang, bis ich an eine Art Schalter gelange. Ein Schalter? Jegliche Art von Strom und sonstigen Annehmlichkeiten, hätte ich dieser Umgebung nicht zugetraut. Ich beschließe, den Schalter zu betätigen.
Dies führt dazu, dass mein Kopf noch mehr gequält wird, da plötzlich ein helles Licht den Raum beherrscht. Ich schließe die Augen und blinzle immer wieder, bis sich meine Sehwerkzeuge an die Lichtmassen gewöhnen. Als ich endlich etwas erkenne werde ich nicht schlau, aus der Umgebung. Ich stehe in einem kreisförmigen Raum aus Stein. Der Raum ist umgeben von einer steinernen Wand. Diese wird lediglich von einer Tür und dem genannten Schalter “verziert”. Ansonsten ist da nichts, außer…
Außer, dass der Raum keine Decke hat. Das ist mir gar nicht aufgefallen, weil er so hoch ist. Aber er hat keine Decke. Und so sehe ich einen schwarzen Himmel, der von etwas gelbem durchzogen ist, wie wenn man Zigarettenrauch aushaucht. Das gelbe wabert durch den schwarzen Himmel. Mir läuft es kalt den Rücken herunter. Es ist mir irgendwie zuviel Gelb in der letzten Zeit. Viel zu viel. Außerdem möchte ich wissen, wo ich bin. So gehe ich zu der Tür. Ich entdecke schnell, dass sie nicht abgeschlossen ist. Zuerst lausche ich, kann aber keine Geräusche ausmachen. Dann lösche ich das Licht, damit ich keine Aufmerksamkeit errege und mache die Tür einen Spalt weit auf. Ich schaue durch den Spalt und sehe einen Bierstand. Ich habe an diesem Ort alles erwartet. Einen Kerker, Folterinstrumente, Drachen, Elfen, was auch immer, aber keinen Bierstand. Ich öffne die Tür etwas weiter und sehe mich um. Es ist schwierig, genaueres zu erkennen, da der gelbe Nebel hier überall ist. Da ich keine Gefahr ausmachen kann, wage ich mich aus meinem Domizil heraus. Zuerst steuere ich auf den Bierstand zu. Komischerweise sieht dieser fast genauso aus, wie der auf dem damaligen Fest. Er ist aber verwaist. Niemand vor oder hinter der Theke. Ich gehe weiter und dann schält sich eine Berg- und Talbahn durch den gelben Nebel. Vielmehr sieht es aus, wie die Karikatur einer solchen. Das Grundprinzip ist geblieben, aber die ganze Konstruktion sieht bedrohlich und unangenehm aus. Es ist alles in schwarz gehalten. Keine andere Farbe ist auszumachen. Und ein Gefühl sagt mir, dass diese Bahn gefährlich ist. Nicht das Modell, das man von Jahrmärkten her kennt und Spaß darauf hat. Nein. Dieses Konstrukt sprüht geradeso vor Aggressivität. Das mag natürlich auch an meiner Stimmung, der Umgebung und meiner immer noch andauernden Verwirrung liegen, aber die Bahn macht mir Angst.
Da auch hier niemand zu sein scheint, “spaziere” ich weiter.
Das nächste, was durch den Nebel sichtbar wird, ist ein Riesenrad. Auch dieses ist komplett schwarz. Und auch von diesem geht dieses unheimliche Gefühl aus. Alles in mir schreit: “Steig ja nicht ein”!
Wenn ich mich nicht täusche, ist dieses Riesenrad auch um einiges höher, als seine Genossen auf der Kirchweih und ähnlichem. Es kommt mir wirklich hoch vor. Und wirklich gefährlich.
Ich bekomme eine Gänsehaut. Warum bin ich auf diesem… Jahrmarkt gelandet? Wo sind die anderen? Was soll ich hier? Wo genau befinde ich mich? Noch in Deutschland? Diese Fragen kreisen in meinem Kopf, während ich weitergehe.
Die nächste “Attraktion”, die ich erkenne, ist ein Free Fall Tower. Auch dieser ist komplett schwarz und seine Ausstrahlung steht der, der anderen Gerätschaften in nichts nach. Nichts und niemand würde mich dazu veranlassen, dieses Teil zu benutzen. Auch er ist unglaublich hoch. Mir schaudert es schon bei dem Gedanken, dort einzusteigen.
Ich bin bis jetzt im Kreis gelaufen, im Uhrzeigersinn, wenn ich mich recht erinnere. Vielleicht kann ich erkennen, wo ich bin, wenn ich mich hinter den Gerätschaften umsehe. Als ich zurück gehe erkenne ich, dass hinter den Attraktionen eine Mauer verläuft. Sie ist ähnlich hoch, wie die Wände in dem Raum, welchen ich anfangs besetzte und sehr glatt. Hier kann ich nicht eben mal darüber klettern. Da hat selbst ein Profi arge Probleme.
Also erkunde ich den … Jahrmarkt… weiter.
Neben dem Free Fall Tower steht ein Karussell. Ein klassisches mit Pferden… halt, das sind keine Pferde. Sie haben zwar die Körper von Pferden, aber die Köpfe sind grässliche Masken. Wie schmerzverzerrte menschliche Gesichter. Auf jedem Pferdekörper sitzt solch ein Menschenkopf. Alle schauen unterschiedlich aus, aber alle sind erfüllt von Schmerz und Angst. Ich muß mich kurz abwenden, da der Anblick einfach abscheulich ist. Als ich mich wieder beruhigt habe, nehme ich das Gefährt näher in Augenschein. Alles ist schwarz gehalten, wie bei den anderen auch. Die Pferdekörper sehen normal aus, wenn man das in diesem Kontext so ausdrücken kann. Die Köpfe sind von Frauen, Männern und Kindern allen alters. Teilweise fehlen Ohren, Augen, Nasen oder gar der halbe Kopf. Die Gesichter sind sehr detailreich gearbeitet und lassen die Qualen erkennen, die die Skulpturen wohl durchleben mussten. Jede einzelne sieht aus, als hätte man sie zu Tode gefoltert und ihnen unsagbare Angst gemacht. Ich gehe einmal um das Karussell herum und erkenne den Kopf von Ralf. Mein Herz setzt kurz aus, ich habe Schwierigkeiten zu atmen und mein Kopf droht zu explodieren. Wie kommt sein Kopf dahin? Ich bete zu Gott, dass dies nur ein makaberer Scherz ist und nichts mit Ralf zu tun hat. Mein Puls ist in bedrohlicher Höhe und ich bekomme noch mehr Angst, als ich vorher schon hatte. Diese Situation ist einfach zu bizarr.
Ich verstehe diesen Ort nicht, von dem es scheinbar kein entrinnen gibt, denn auch hinter dem Free Fall Tower und dem Karussell zeichnen sich die Mauern ab. Ich weiß nicht, wie ich hierher kam und was ich hier soll. Mir geht das Gesicht von Ralf nicht mehr aus dem Kopf und ich widme mich diesem wieder. Es sind exakt seine Züge. Bei näherem Betrachten erkenne ich, dass sein linkes Auge fehlt. Es ist einfach Weg und lässt nur eine schwarze Höhle zurück. Hoffentlich ist ihm nichts passiert. Ich bin überfordert und merke, dass ich beginne zu hyperventilieren.
“Möchten Sie ein Bier auf den Schreck, oder darf es gleich ein Schnaps sein”?, ruft eine Stimme aus Richtung Bierstand plötzlich.
Hallo Leute,
leider kam ich diese Woche nicht dazu, eine Kolumne zu schreiben. Bitte nicht böse sein, aber die Vorbereitungen zu meinen Lesungen auf der FaRK und diverse Rezensionen, die ich am Schreiben bin (wird es bald hier geben) haben dies nicht möglich gemacht.
Als Ausgleich gibt es eine Leseprobe von GELB, meiner aktuellen Novelle. Diese ist noch nicht erschienen und noch nicht fertig. Also auch noch nicht lektoriert, … ich bitte, dies zu verzeihen. Los geht es also. Viel Spaß und… STAY TUNED.
Ach so: Alle Namen in dieser Geschichte, sowie die Charaktere, sind natürlich frei erfunden:)
Gelb
KAPITEL 1: EIN SCHÖNER TAG
Bundesrepublik Deutschland
Saarland
Frühling 1998
Es ist ein schöner Tag, der den Übergang vom Frühling zum Sommer einläutet. Die Luft ist frisch und voller Energie. Die Pflanzen blühen schon seit einiger Zeit. Auch die Vögel und allerlei Insekten zeigen Präsenz. Es ist eine Zeit zum wohlfühlen. Man kann die ersten warmen Sonnenstrahlen genießen. Ein T-Shirt und sogar eine kurze Hose reichen vollkommen aus, um sich dem Tag zu stellen. Und dieser Tag ist toll. Voller Vorfreude und Spaß.
Es ist ein Samstag. So ziemlich der beste Tag in der Woche. Noch besser ist dieser, wenn man am Abend etwas besonderes vor hat. Und so ist es für mich. An dieser Stelle sei ein wenig von mir verraten (META: spiele ich doch so ziemlich die Hauptrolle in dem, was gerade Ihre Augen beschäftigt und im besten Falle positive Reize in Ihrem Hirn hinterlässt).
Ich bin 19 Jahre alt, männlich und höre auf den Namen Sascha. Ja ich weiß, dass es ein Lied der Toten Hosen über diesen Namen gibt. Glauben Sie mir, dass habe ich schon oft gehört. Und ich weiß auch, dass der Name in manchen Ländern auch für Frauen und / oder Hunde genutzt wird. Aber leider kann ich den Namen nicht ändern. Das heißt, ich könnte es bestimmt irgendwie, aber ich spare mir meine Kraft lieber für andere Dinge auf. Ich habe eine Lehre als Reiseverkehrskaufmann (hier sparen wir uns jetzt auch die Witze) absolviert und arbeite im schönen Heusweiler, welches ca. 15 Autominuten von Reisach liegt. Und in Reisbach wohne ich. Genau genommen wohne ich noch bei meinen Eltern, habe jedoch in diesem elterlichen Wohnhaus eine Etage für mich. Nun fast. Mein Bruder, 15 Jahre alt und noch Schüler, hat auch ein Zimmer auf dieser Etage.
Es ist neun Uhr morgens und da ich gestern etwas über die Strenge geschlagen habe, ruhe ich mich noch aus. Ich liege im Bett, eingekuschelt in meine warme Decke und schaue Akte-X. Dabei genieße ich meinen Kaffee, der wohlig riecht und rauche eine Zigarette, deren blauer Duft sich in Richtung Zimmerdecke kräuselt. Die Folge plätschert vor sich hin (irgendwas mit Tunguska habe ich im Hinterkopf) aber ich bin nicht ganz bei der Sache. Ich überlege mir schon, wie es heute Abend wohl wird. Wir haben den 30. April und heute Abend ist “Hexennacht”. Wobei ich mich hier nicht auf das Gruseln freue, dass diese Walpurgisnacht für einige mit sich bringt, sondern viel mehr auf meine Freunde, Frauen und viel Alkohol. Ich beschließe, von Akte-X zu leichterer Kost zu schalten und stelle den Kanal für MTV ein. “Come as you are” raunt Kurt Cobain durch den Röhrenapparat in mein Ohr und er hat recht. Warum sollte ich mich verstellen und mir vormachen, dass ein Partysamstag mit Kaffee beginnen soll. Ich meine, ich liebe Kaffee. Aber es gibt auch besseres. Ich gehe also zum Kühlschrank und genehmige mir mein erstes Bier für heute. Da die Zeit des letzten Alkoholgenusses noch nicht allzu lange her ist, spüre ich bald wieder die wohlige Vertrautheit des leichten benebelt seins. Der Gerstensaft rinnt kühl und frisch meine Kehle hinunter. Herrlich. Ich genieße und rauche. Kurt wird abgelöst von Aqua, die mehr durch das Äußere der Sängerin (wenn man das so nennen kann) überzeugen, als durch musikalische Leistung. Ich entschließe mich daher, lieber den Vorspann von Silent Hill 2 zu starten. Der Titelbildschirm dieses genialen Spiels verändert sich nämlich nach jedem durchspielen. Da ich alle Varianten durch habe, genieße ich die High End Version mit viel Musik und Clips. Das schaue ich mir immer sehr gerne an. Jedoch ist mir nun auch nach ein wenig Gesellschaft. Ich ziehe mir eine Jogginghose und ein T-Shirt über und gehe den Flur entlang, zum Zimmer meines Bruders. Der Dielenboden knarrt, was wahrscheinlich mein baldiges Erscheinen dem geübten Hörer ankündigen wird. Ich klopfe an und will direkt hinein gehen, aber die Tür ist abgesperrt. Zack, Zeh gestoßen. Ich fluche leise. Drinnen vernehme ich Geräusche und gehe so davon aus, dass die kleine Ratte schon wach ist. “Ey Arschlosch”, rufe ich “hör auf an Dir rumzuspielen und mach die Tür auf.” Natürlich passiert im ersten Moment nichts, er will mich ärgern. So greife ich zu Plan B und gehe die Treppe herunter zum Stromkasten. Hier kümmere ich mich darum, dass die Sicherung für sein Zimmer Probleme bekommt. Direkt höre ich ein wütendes Geräusch von oben und schon steht der kleine neben mir. “Was ist denn” kommt die mürrische Frage. “Ich dachte, wir hängen ein wenig ab, trinken ein paar Bier und freuen uns auf heute Abend”, teile ich ihm grinsend mit. Seine Augen leuchten, da ich ihm gestern Abend noch versichert habe, eher würde ich mich von einem betrunkenen Wiesel begatten lassen, als ihn heute Abend mitzunehmen. Begeistert rennt er nach oben. “Ich habe noch Zigaretten” höre ich ihn rufen, während ich ihm zu meinem Zimmer folge. Dort angekommen, mache ich uns jeweils ein Bier auf und er zündet zwei Zigaretten an. “Silent Hill, äh” meint er mit einem verächtlichen Blick auf den Fernseher. Für ihn gibt es nur Resident Evil und sonst nichts in der Hinsicht. Mir gefällt halt beides. Jedem das seine. “Wer kommt denn heute Abend alles mit” fragt er mich. “Achim, Julius und Ralf”, meine Antwort. Dies sind meine drei besten und ältesten Freunde, mit denen ich schon viel erlebt habe und noch mehr erleben will. Wir verstehen uns prima. Haben denselben Humor (gut) und denselben Frauengeschmack (schlecht). Wir trinken gerne zusammen und reden über alles, was uns Nerds so gefällt. Seien es nun die neuesten Comics, die aktuellen Filme, Computerspiele oder scharfe Chicks. Wir tauschen uns über alles aus. Aktuelles Hauptthema ist jedoch die Freundin von Ralf. Er hat diese nun schon eine Zeit lang und entfernt sich immer mehr von uns. Dies sorgt auf der einen Seite für Gesprächsstoff der nicht so positiven Art (schließlich gehört sein Arsch uns) auf der andere Seite freut es uns aber auch, dass er an diesem Abend nur mit uns abhängt und Frauen draußen bleiben (außer natürlich dem “Freiwild”, das den Fehler begeht vor Ort zu sein). Achim wechselt seine Freundinnen, wie andere Leute ihre Socken und hat es nicht so mit dem treu sein. Julius und ich sind im Moment solo. Das soll sich natürlich heute Abend ändern. Und wenn es nur für heute Abend ist. Mein Bruder redet wenig mit mir über solche Dinge. Manchmal habe ich den Verdacht, dass er mehr auf seine Kumpels steht, als auf das schwache Geschlecht. Jedem das seine. Aber als guter Bruder reibe ich ihm meine Meinung – zu seinem Mißfallen – natürlich bei jeder Gelegenheit unter die Nase.
“Cool” meint er. “Ich mag die drei Pisser. Auch wenn man Ralf leider nicht mehr so oft sieht.” “Ja” stimme ich ihm zu. “Daher freue ich mich auch, dass er heute Abend am Start sein wird”. “Und wo gehen wir hin?” fragt er mich. “Tanz in den Mai” ist meine klare Antwort. Wo sollten wir auch sonst hingehen? Wir leben in einem Dorf. Busse in die Stadt sind sehr selten. Taxis sind sehr teuer und der Führerschein ist uns zu lieb, um betrunken zu fahren. Eine zeitlang spielten wir mal “Farbe bekennen”. “Farbe bekennen” ging folgendermaßen: wir fuhren in die Diskothek. Jeder trank, was das Zeug hielt. Derjenige, dessen Urin am Ende die dunkelste Farbe hatte, musste heim fahren. Schließlich war dieser ja fast noch nüchtern. Nach einem beinahe Unfall (trotz der Reaktionsfähigkeit eines so gut wie nüchternen Fahrers) entschieden wir uns, dann doch lieber für eine Taxifahrt zu sparen und in der Zwischenzeit daheim einen drauf zu machen. So gab es dann einmal im Monat eine Fahrt nach Saarlouis, der nächsten Stadt bei uns. Die anderen Abende verbrachten wir abwechselnd bei Achim, Julius, Ralf und mir. Die wenigen Feste in unserem Ort waren also immer Höhepunkte, auf die wir uns sehr freuten. So wie heute Abend.
“Tanz in den Mai” wiederholt mein Bruder. “Coool. Schön einen saufen und was klarmachen”. “Kommen Deine Kumpels auch, oder wen willst Du klarmachen” sage ich und heimse mir damit einen bösen Blick ein. In diesem Moment klingelt es an der Tür. Ich renne die Treppe hinunter und sehe die Silhouetten von Achim und Julius draußen stehen. Ich öffne die Tür, sage “zu scheiße” (in Anlehnung an den Film Fight Club. Kennt Ihr die Szenen, in denen die Anwärter für Projekt Chaos ins Haus wollen? Genau der Scheiß) und schlage die Tür wieder zu. Nach einem Moment der Genugtuung öffne ich die Tür wieder und starre in die genervten Gesichter meiner Kumpels. “Witzig”, meint Achim “also beim ersten Mal. Du weißt, dass es beim gefühlt hundertsten Mal nicht mehr so witzig ist?”. Ich grinse und mache die Tür weiter auf. “Hi Leute, kommt rein” höre ich mich sagen und die zwei Helden machen sich auf in den Weg in mein Reich.
“Der Aal” höre ich Julius rufen, der anscheinend meinen Bruder entdeckt hat. Den Spitznamen “Aal” hat dieser sich eingefangen, weil er beim Fußball immer unaufhaltsam dribbelt, quasi aalglatt, wie wir auch dazu sagen. Auch Achim sieht meinen Bruder und die drei begrüßen sich. “Wo ist Ralf” frage ich und bekomme die erwartete Antwort. “Bei seiner Alten natürlich” meint Achim. “Wenn er heute Abend Freigang will, muss er auch etwas dafür tun”, ergänzt Julius“, daher werden wir ihn wahrscheinlich demnächst noch weniger sehen”. “Aber heute Abend ist er uns” sage ich und freue mich noch mehr auf diesen Abend mit meinen Kumpels und meinem Bruder.
“Ich habe eine Idee”, meint Achim belustigt. “Wenn er uns die nächste Zeit sowieso verwehrt wird, dann reissen wir Ralf gleich jetzt aus den Klauen der Irren. Dann haben wir ihn für den Tag und die Nacht”. “Cool”, meine ich. “Dann kommen wir vielleicht noch rechtzeitig zum Fußball”. Fußball ist an dieser Stelle vielleicht etwas überbewertet. Jeden Samstag am frühen Nachmittag trifft sich die Dorfjugend auf dem örtlichen Bolzplatz, zum “Fußball”. Wobei das was geboten wird, eher einem “Idiotenflipper” gleicht, da die meisten Leute nicht spielen können und nur wild um sich schießen. Dies führt dazu, dass der Ball wild über den Platz gehetzt wird und an den einzelnen Personen abprallt oder weitergeschossen wird, wie eine Flipperkugel von einem Bumper im Flipper. Trotzdem macht es uns richtig Spaß, was nicht zuletzt am ordentlichen Bierverbrauch, während des Spielens liegt.
Also machen wir uns auf den Weg, um Ralf aus “den Klauen der Irren zu reissen“, wie Achim es treffend formuliert hat. Der Weg zu Ralf dauert schon ein Stück und so beschließen wir, Achims Auto zu nehmen. Fünf Minuten später stehen wir vor der Tür von Ralfs Eltern und ich betätige die Klingel. Kurz darauf macht Ralf auf und schaut uns entgeistert an. “Hey Leute” stammelt er verlegen “ich dachte es geht erst heute Abend los. Jane und ich schauen gerade gemütlich einen Film.” “Ich kann mir schon denken was für einen”, sagt Achim und nickt in Richtung der Beule, die sich in Ralfs Jogginghose abzeichnet. Dieser wird rot im Gesicht. “Komm schon Alter”, meint Julius. “Dass du heute mit uns raus darfst”, bei dem Wort darfst zuckt Ralf kurz zusammen, “bedeutet doch, dass wir uns demnächst nicht mehr so oft sehen. Also dachten wir uns, dass…” “RAAAAAALFF” schrillt in diesem Moment eine Frauenstimme von oben “wo bleibst Du denn”.
“Ich weiß nicht so recht Jungs”, meint dieser. “Ich habe Jane schließlich versprochen, dass ich den Film mit ihr schaue und wir uns einen schönen Nachmittag machen.” “Ich kümmere mich darum”, sage ich. Und ehe Ralf widersprechen kann, mache ich mich auf den Weg zu Jane. Da Jane und ich nicht gerade die besten Freunde unter Gottes schönem Himmel sind, will ich die Sache schnell hinter mich bringen. Ich gehe zu ihr und sage gerade heraus, was ich denke. “Jane”, beginne ich “du und Ralf verbringt sehr viel Zeit miteinander. Das ist auch gut so, denn schließlich soll Ralf auch üben damit er gut ist, wenn er mal eine richtige Freundin bekommt”. Ich ernte einen wütenden Blick. “Was ich damit sagen will”, fahre ich fort “ist, dass wir ihn heute gerne ganz für uns hätten. Du hängst Tag und Nacht mit ihm ab. Wir sagen ja auch nichts dagegen. Aber manchmal wollen wir ihn mal ganz für uns haben”. Damit sage ich (in meinen Augen sehr nett) genau das, was alle Freunde mal den festen Freundinnen ihrer Freunde sagen sollten. Zumindest dann, wenn die Situation so ist, wie bei Ralf.
Achims Freundinnen sind wahrscheinlich froh, wenn er mal länger als bis zum Frühstück bleibt, denke ich mir innerlich grinsend. Jane scheint keine Lust auf Ärger zu haben, denn sie schaut mich nur an und sagt “OK”. Kampf gewonnen! Ich eile wieder herunter zu meinen Leuten und verkünde die frohe Nachricht. Alle sind happy, außer Ralf. Er weiß wahrscheinlich schon jetzt, dass das ein Nachspiel für ihn haben wird. Und hier reden wir nicht von dem Nachspiel beim Sex.
Glücklich ziehen wir von dannen in Richtung Bolzplatz. Da der Platz sehr nahe an Ralfs Elternhaus gelegen ist, muss Achim nicht mehr fahren und wir können uns ganz dem “Idiotenflipper mit Biersauce” widmen. Der Tag verfliegt und schon bald beginnt die Dämmerung.
“Mann bin ich jetzt fertig” stöhnt Achim, der alles gegeben hat (in einem Arbeitszeugnis würde etwas von stets bemüht stehen). “Jo, geiles Spiel”, meint Julius “und der Aal hat seinem Namen mal wieder alle Ehre gemacht”. Wir lachen alle. “Gut” meine ich “dann jeder heim duschen, bei Achim vorglühen und dann ab zur Party”. Mein Bruder und ich beschließen, bei Achim zu duschen, da der Weg nach Hause doch etwas zu weit ist. Julius geht nach Hause, da es nahe gelegen ist. Ralf bittet Achim auch um Dusch-Exil, da er Jane nicht zu schnell wieder begegnen möchte. Das Exil wird ihm natürlich gewährt.